Das Zeitalter des digitalen Arbeitsraums

Digitale Arbeit verzeichnete in den letzten Jahren einen großen Anstieg. Grund dafür ist nicht nur der technologische Fortschritt, sondern auch der ökonomische Druck, der UnternehmerInnen sowie Beschäftigte dazu bringt, sich dieser neuen Technologien zu bedienen, um mit deren Hilfe Arbeitsschritte günstiger und effizienter erledigen zu können. Der digitale Arbeitsraum lässt sich in zwei grundlegende Formen unterscheiden: „Crowdwork“ und app-basierte „on-demand work“.

Crowdwork meint die Auslagerung von Tätigkeiten und Arbeitsschritten. Die AuftraggeberInnen bieten Arbeit auf so genannten Crowdsourcing-Plattformen an. Beschäftigte wiederum können die einzeln angebotenen Arbeiten über Vermittlung dieser Plattformen annehmen und online, das heißt lokal unabhängig, abarbeiten. Eine digital Beschäftigte kann sich also beispielsweise mit ihrem Laptop von zu Hause aus über eine Plattform mehrere einzelne Arbeitsaufgaben holen, für die sie nach Erledigung bezahlt wird. Typische Crowdwork-Aufgaben sind Textkorrekturen, das Beschriften von Bildern oder das Kategorisieren von Dateien.

Die zweite grundlegende Art digitaler Arbeit ist „work on-demand“, die zwar online vermittelt, aber lokal ausgeführt wird. Auf verschiedenen Plattformen können Arbeiten wie Personentransport, Reinigungs- oder Büroarbeiten angeboten und nachgefragt werden. Ein digital Beschäftigter in diesem Bereich erhält zum Beispiel über das Internet den Auftrag zur Reinigung eines Lokals nach einer Veranstaltung – er erhält seine Arbeit also online, führt sie aber „offline“ aus.

AMT, foodora & Co

Die bekannteste Crowdsourcing-Plattform ist Amazon Mechanical Turk, kurz AMT. Als der Onlineversandhändler Amazon 2005 nicht nur Bücher, sondern plötzlich auch CDs verkaufte, stand er vor der Herausforderung, hunderttausende CDs mit dazugehörigen Song-Informationen in seine Verkaufs-Website einarbeiten zu müssen. Zur Bewältigung dieses enormen Arbeitsaufwandes gründete Amazon kurzerhand die Plattform AMT, um die vielen CDs und Arbeitsschritte an die „Crowd“, eine Vielzahl von digital Beschäftigten, auszulagern. Heute vermittelt AMT Arbeit an 500.000 Menschen aus 190 verschiedenen Ländern.

Arbeit anderer Art vermittelt die Plattform „foodora“: die Dienstleistung der Essenszustellung. Sobald KundInnen auf der Plattform Essen von einem umliegenden Restaurant bestellt haben, vermittelt foodora binnen Minuten eineN FahrradkurierIn, die oder der das Essen mit dem eigenen Rad zustellt. Foodora ist auch in Wien aktiv.

Schöne Neue Welt?

Der digitale Arbeitsraum verspricht viel für seine Beschäftigten: Arbeiten ist an allen Orten mit Internetanschluss (also mittlerweile überall) möglich. Komplett freie Einteilung der Arbeitszeit. Grenzenlose Verdienstmöglichkeiten, schließlich kann eine Beschäftige ja auch 15 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche verschiedenste Kleinaufgaben auf Plattformen erledigen und dafür bezahlt bekommen. Bisweilen bleibt von den Versprechungen aber nur ein prekäres Arbeitsverhältnis übrig.

Das österreichische Arbeitsrecht berücksichtig digitale Arbeit (noch) nicht. Hauptproblem der Online-ArbeiterInnen ist demnach, dass sie rechtlich meist nicht als ArbeitnehmerInnen, sondern lediglich als arbeitnehmerInnenähnliche Beschäftigte gelten, was abgeschwächte Schutzrechte mit sich bringt. Und auch das ist nicht eindeutig: Die Vertragsstrukturen zwischen Plattformen, Beschäftigten und KundInnen sind oft so verworren, international und kompliziert, dass (noch) keine eindeutige rechtliche Zuordnung möglich ist. So ist auch häufig unklar, ob Beschäftigte Anspruch auf gesetzliche Vertretungsorgane wie einen Betriebsrat haben. Ohnehin erweist sich die Vernetzung und Organisierung von Online-ArbeiterInnen als sehr schwer: Sie arbeiten schließlich an keinem gemeinsamen Arbeitsplatz, sondern auf die ganze Welt verteilt und vereinzelt vor ihren Computern. Zudem ist der persönliche Datenschutz über die Maßen eingeschränkt, wenn jeder noch so kleine Arbeitsschritt sowie Arbeitszeiten und -standorte penibel online aufgezeichnet werden.

Der digitale Arbeitsraum befindet sich noch in seinen Anfängen – aber er wächst stetig. Die Sozialdemokratie wäre somit gut beraten, besser heute als morgen Antworten auf arbeitsrechtliche Herausforderungen der digital Beschäftigten zu suchen, damit technologischer Fortschritt nicht zum sozialen Rückschritt wird.

Digitale Arbeit in Österreich

Die Beschaffenheit der digital Beschäftigten in Österreich ist noch unzureichend erforscht. Aus der bisher einzigen, 2016 durchgeführten Umfrage geht hervor: Österreichische Online-ArbeiterInnen sind eher männlich (57%) und jung (der Anteil der 18-24-Jährigen beträgt 22%, jener der 55-65-Jährigen nur 13%). Digital Beschäftigte sind in den niedrigsten Einkommenssegmenten anzusiedeln. Fast die Hälfte der Menschen, die ausschließlich oder teilweise online arbeiten, verdient weniger als 18.000 Euro pro Jahr.

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