Technische Universität in OÖ

Aufgabe der Politik ist es, die richtigen Weichen für die Zukunft zu stellen und dabei die Bevölkerung zu mobilisieren. Dafür kann auch die Ausrufung von „Leuchtturmprojekten“ sehr hilfreich seinZwei gute Vorbilder sollen genannt werden: Zum einen Antoine de Saint-Exupéry mit den Worten "Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“ Zum anderen das Institute of Science and Technology in Klosterneuburg (IST Austria): Die kühne Idee von Anton Zeilinger, ein Institut für Spitzenforschung in Österreich zu gründen, wurde ohne einengende Vorgaben und unter Einbindung internationaler BeraterInnen hervorragend umgesetzt. Daher: JA zu einem Schwerpunkt für Digitalisierung! 

Eigene TU für Digitalisierung? 

Was läuft schief bei der Überlegung und Planung für eine eigene technische Universität in Oberösterreich? Es wird einiges außer Acht gelassen. So besagt doch die Managementregel Nummer 1: „Zuerst das Ziel präzisieren, dann die dafür geeignete Struktur suchen“. Beim aktuellen Vorschlag der Politik wurde hingegen als Vision zuerst eine (offensichtlich unverrückbare) Struktur vorgegeben, nämlich, dass es eine neue Technische Universität parallel zur JKU sein muss. Wünschenswerte Ziele sollten aber zunächst z.B. sein: 

  • Durchdringung aller Studienfächer mit den Fragen der Digitalisierung 

  • Schaffung von neuen interdisziplinären undergraduate und postgraduate Ausbildungen in neuen Formen und mit neuen Inhalten 

  • Spitzenforschung im Bereich der Digitalisierung und ihren gesellschaftlichen Auswirkungen 

  • Attraktives Umfeld, um internationale SpitzenforscherInnen gewinnen zu können. 

Die Managementregel Nummer 2 besagt weiters - „Kräfte bündeln und nicht zersplittern“. An der JKU gibt es im Bereich der Informatik sowohl in der Lehre als auch in der Forschung bereits eine international sehr erfolgreiche Struktur. Eine Parallelstruktur für die Lehre in Form einer TU aufzubauen hat erhebliche Nachteile

z.B.: 

  • Viele der für eine interdisziplinäre Ausbildung jedenfalls notwendigen Strukturen (Technik, Wirtschaft, Recht, Soziologie usw.) sind auf der JKU vorhanden. 

  • Unabhängig davon, ob eine TU für Digitalisierung kommt oder nicht kommt, müssen diese bestehenden Strukturen an der JKU jedenfalls alle hinsichtlich der Digitalisierungsfrage erweitert werden, denn das ist eine Notwendigkeit für alle Studierenden und nicht nur für die Studierenden einer neuen TU 

  • Damit kommt es im Fall der Errichtung einer neuen TU über weite Strecken zu einer teuren Parallelstruktur und der Gefahr, dass der diesbezüglich sowieso notwendige Ausbau der JKU unterbleibt. 

Alternativen zu einer neuen TU? 

 Als erstes sei genannt, dass an der JKU die Möglichkeit zur Etablierung einer eigenen „Fakultät für Digitalisierung“ besteht. Besteht das Ziel darin, einen neuen umfassenden Schwerpunkt in der undergraduate Ausbildung einzurichten, so sollte dies in einer neuen „Fakultät für Digitalisierung“ im Rahmen der JKU umgesetzt werden. Dies gewährleistet die umfassende Kooperation mit allen bestehenden Einrichtungen der JKU und dass alle ohnehin notwendigen Erweiterungen nicht nur den (wenigen) Studierenden einer neuen TU sondern den vielen Studierenden der JKU zu Gute kommen. Im Sinne von Antoine de Saint-Exupéry sollte dieser neuen Fakultät die Vision von neuen interdisziplinären Ausbildungen sowohl in neuer Form als auch mit neuen über die reinen technischen Aspekte der Digitalisierung hinausgehenden Inhalten mitgegeben werden. Darüber hinaus sind innovative neue Organisations- und Verwaltungsstrukturen in einer neuen Fakultät genauso möglich wie in einer neuen TU. Eine weitere Möglichkeit kann eine „ID Austria“ (Institut für Digitalisierung Austria, o.ä.) sein. Hier besteht das Ziel darin, ein Institut für die Spitzenforschung und postgraduate Ausbildung einzurichten. Bei der Planung und Umsetzung kann sich am erfolgreichen IST Austria orientiert werdenSowohl für die Spitzenforschung als auch für eine postgraduate (PhD) Ausbildung ist der organisatorische Rahmen der JKU nicht zwingend notwendig. Ein neues Institut für Spitzenforschung und postgraduate Ausbildung im Bereich der Digitalisierung ist bei entsprechenden Rahmenbedingungen für internationale Spitzenkräfte wesentlich attraktiverals die Lehre an einer neuen TU aufzubauen. Richtigerweise braucht man beides: Wenn man es mit der Realisierung eines zukunftsträchtigen Schwerpunktes ernst nimmt, ist sowohl der Ausbau der JKU in Hinblick auf Digitalisierung (z.B. im Rahmen einer neuen Fakultät) als auch die Errichtung eines neuen Institutes für Spitzenforschung und postgraduate Ausbildung dringend zu empfehlen. Daher: NEIN zur Realisierung des Schwerpunkts für Digitalisierung im Rahmen einer neuen TU! 

Univ.-Doz. Mag. Dipl.Ing. Dr. Erhard Glötzl lehrt an verschiedenen Hochschulen und veröffentlicht Publikationen zum Thema „Instabilität unseres Geld- und Wirtschaftssystems“ sowie Themen aus der theoretischen Ökonomie. 

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